Der organisierte Sport im Schatten von Corona – Herausforderungen und Zukunftsperspektiven 

Kommunale Netzwerke und öffentliche Sporträume – Zukunftsperspektiven im Fitness- und Gesundheitssport?

In diesem Workshop werden Entwicklungen aufgegriffen, die durch die Pandemie an Bedeutung gewonnen haben. Alle Akteure, die in der Kommune gut vernetzt sind und Kooperationen pflegen, konnten den Wiedereinstieg in den Sportbetrieb relativ gut bewältigen. Wer Outdoor-Training in öffentlichen Räumen schon in seinem Programm hatte, konnte fast nahtlos weiterarbeiten. Hierzu werden Vereinsbeispiele erläutert. Die Diskussion wird sich mit der Frage der Machbarkeit, den Gelingensbedingungen und den veränderten Anforderungen an die Vereinsführung beschäftigen.  

Re-Start dank funktionierendem Netzwerk innerhalb der Kommune

Mit den vom Bund und den Ländern aufgestellten Corona-Maßnahmen kam der Vereinssport im ersten Lockdown weitestgehend zum Erliegen. Sportstätten wurden geschlossen, der Ligen- und Wettbewerbsbetrieb, vor allem im Mannschaftssport im Amateurbereich, fast gänzlich eingestellt.

Und dennoch haben es einige Vereine vollbracht, mit den ersten Lockerungen schnell wieder ihre Aktivitäten hochzufahren. Geschafft haben sie das durch ein besonders gut funktionierendes Netzwerk innerhalb ihrer Kommune. Diese Interaktion mit Amtsträger*innen war ausschlaggebend dafür, dass öffentlicher Raum außerhalb der traditionellen Sportanlagen, -hallen und -plätze schon vor der Pandemie genutzt und ins Vereinsleben integriert wurde.

Bedürfnis der Menschen, mehr an der frischen Luft zu sein

So hatte mancher Verein seine Gymnastik- und Fitnesseinheiten regelmäßig im Park und auf Grünflächen stattfinden lassen. So wie beispielsweise der TV »Eintracht« 1862 Cochem seine Fitness-Locations für die Trainings einheiten verschiedener Sportgruppen während des Lockdowns nutzen konnte. Der Fitness-HotSpot und der Fitness-Trail wurden schon vor der Pandemie fleißig von Vereinsgruppen und nicht organisierten Sportler*innen genutzt. Somit war das Trainieren im Freien und das Nutzen der Anlage schon geübt, sodass es keinen Stillstand gab. Nähere Informationen zu den Fitness-Locations in Cochem: www.dtb.de/fitness-locations/standorte/fitness-hotspot-und-fitness-trail-cochem. Die Wiederaufnahme des Betriebs bei noch nicht wieder geöffneten Sporthallen lief daher fast reibungslos wieder an.

Und draußen Sport zu erleben hat vielseitige Vorteile: Zum einen ist das Infektionsrisiko mit dem COVID-19-Virus im Freien weitaus geringer als zum Beispiel in einer kleinen Gymnastikhalle. Zum anderen wird damit einem stärker werdenden Bedürfnis der Menschen entsprochen, draußen an der frischen Luft zu sein und die Natur hautnah zu erleben. 52 Prozent der Sporttreibenden in Deutschland nutzen den Park, den Wald oder Wege.

Angebote im Freien erhöhen die Sichtbarkeit in der Öffentlichkeit

Die Bereitstellung von öffentlichen Räumen für Bewegung und somit für den Breiten-, Fitness- und Gesundheitssport ist für eine gesunde Gesellschaft also notwendig. Und sie gewinnt für den organisierten Vereinssport gerade auch durch die Pandemie zunehmend an Bedeutung und Aufmerksamkeit.

Diese Aufmerksamkeit machen sich Vereine zunutze: Angebote, die im Freien stattfinden, erhöhen die Sichtbarkeit der Vereine in der Öffentlichkeit. Sie machen andere Sportler*innen neugierig und regen so eher zum Mitmachen an. Das erweckte Interesse mündet im besten Fall in einer Mitgliedschaft. Vereinsvorstände müssen allerdings verstehen, dass für viele Bürger*innen eine Mitgliedschaft nicht sofort in Frage kommt. Hier ist neues Denken in den Vorständen notwendig sowie die Bereitschaft, über kommunale Netzwerke neue Zielgruppen anzusprechen.

Kommunen müssen eine zentrale Rolle übernehmen

Das dazu nötige Netzwerk zu initiieren ist jedoch nicht einfach. Viele Vereine sind für eine solche Netzwerkarbeit personell sowie strategisch nicht ausreichend aufgestellt und benötigen deshalb dringend Hilfestellung.

Ein Beispiel gelungener Netzwerkarbeit von Vereinen ist die Interessengemeinschaft (IG) Heddesheim. Dort haben sich fünf eigenständige Vereine in Heddesheim unter einem Dachverein zusammengetan, um mit einer starken Stimme politisch ihre Anliegen zu vertreten und gemeinsam öffentlichkeitswirksam auftreten zu können.

Zudem müssen die Kommunen eine zentrale Rolle übernehmen, um ein sektorübergreifendes Netzwerk für Sport, Bewegung und Gesundheit aufzusetzen und zu leiten. Denn der einzelne Turn- und Sportverein stößt meist an seine Grenzen, wenn es darum geht, z. B. Wohlfahrts- und Sozialverbände, Kirchen, Seniorenbüros, Quartiermanager*innen an den Tisch zu holen, um z. B. niederschwellige Bewegungsangebote für Ältere zu initiieren (nähere Informationen zum DTB-Projekt AuF-Leben: www.dtb.de/auf-leben/). Dazu ist jedoch der politische Wille notwendig. Außerdem muss die Bedeutung der Turn- und Sportvereine mit ihren sportfachlichen Kompetenzen sowie ihrem Sozialkapital stärker in den Fokus rücken und Beachtung finden.

Förderung von Netzwerk-Kompetenz als neues Aufgabengebiet

Probleme damit können jedoch kleinere Kommunen bekommen, bei denen die Verwaltung nicht die zentrale Rolle inne hat. Die Bedeutung von Bewegung für die Bürger*innen kann dann nicht aufgegriffen werden und der Netzwerkgedanke nicht zum Tragen kommen. An dieser Stelle können Ressourcen fehlen. Dort bietet sich für Vereine eine große Chance, sich einzubringen und der Netzwerk-Treiber zu sein.

Und zwar ein Netzwerk-Treiber, der bereit ist, sich zu öffnen und über den Tellerrand zu schauen. In einigen kleineren Gemeinden haben sich Vereine schon als strategische Partner zusammengeschlossen, um unter Berücksichtigung der lokalen Bedingungen mit einer gemeinsamen, starken Stimme aufzutreten. Die Förderung von Netzwerk-Kompetenz ist also ein völlig neues Aufgabengebiet innerhalb der Vereinsstruktur.

Der Wunsch nach öffentlichem Raum für Sport und Gesundheit kann der Startpunkt eines ersten kommunalen Netzwerkes sein. Die Kommunen müssen in diesem Feld investieren. Sie müssen den organisierten Sport als wichtigen Player im Netzwerk einer Sport- und Stadtentwicklung begreifen. Die Turn- und Sportvereine sorgen wiederum für die Belebung dieser Räume – aus sportfachlicher und sozialer Sicht. Hier gilt es für alle gemeinsam, zukünftig einen Fokus zu setzen. Denn nur zusammen gelingt es den Vereinen und Kommunen, zukunftsgerechte Perspektiven auszubauen und Chancen zu gestalten.

Workshopleitung
• Dr.  Michaela Werkmann (DTB-Vizepräsidentin
GYMWELT, akademische Mitarbeiterin Institut für Sport
und Sportwissenschaft Albert-Ludwigs-Universität Freiburg)
• Pia Pauly (DTB-Abteilungsleiterin GYMWELT)
 

 

 


Expertinnen und Experten
• Christian Keipert (Amtsleiter Sportamt Sindelfingen,
Vorstandsmitglied Deutsche Turnerjugend)
• Peter Raueiser (Bewegungsmanager Kreis Cochem-
Zell)
• Florian Riegler (Leiter Servicebüro IG Sport Heddes-
heim)
• Jürgen Sabel (Geschäftsführer Turnverein »Eintracht«
1862 Cochem)
• PD Dr. Hagen Wäsche (Akademischer Rat Karlsruher
Institut für Technologie)